Gleichberechtigung und Anerkennung wirksamer Konzepte
Freizeiteinrichtungen müssen politische Berücksichtigung finden und sind wichtiges Ventil Faktor im angespannten Sozialgefüge
Unbekannte Charakteristika des neuartigen Coronavirus prägten über lange Zeit das politische Handeln. Freizeiteinrichtungen wurden präventiv geschlossen und bei vielen Regelungen übergangen. Wissenschaftliche Erkenntnisse erlauben es heute, Infektionsrisiken qualifiziert einzuschätzen. Diesem Erkenntnisgewinn sowie Erfahrungswerten im bisherigen Verlauf der Corona-Pandemie ist in künftigen Coronaschutzverordnungen Rechnung zu tragen.
Die Umsätze sind im Branchendurchschnitt um rund fünfzig Prozent eingebrochen, die Betriebsergebnisse durch hohe zusätzliche Kosten noch stärker beeinträchtigt. Trotz wirtschaftlich angespannter Lage hat die Freizeitwirtschaft besonnen und vor allem verantwortungsbewusst in der Corona-Pandemie agiert.
Mit fortschreitendem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn und auf Basis der Erfahrung zahlreicher Hygieneschutzverordnungen gilt es, grundlegende Missstände im Rahmen der anstehenden Zusammenkunft der Ministerpräsidenten aufzulösen. Andauernde Ungleichbehandlung gegenüber vergleichbaren Einrichtungen und fehlende Würdigung getroffener Infektionsschutzmaßnahmen sind nicht länger tragbar.
Der VDFU formuliert folgende Forderungen an die Chef*innen der Länder:
1. Wirksame Hygienekonzepte müssen bei der Entscheidung über Öffnungen relevant sein
Ein mehrwöchiges Modellprojekt des Landes Baden-Württemberg verdeutlichte, dass der Betrieb eines Freizeitparks unter Einhaltung von Hygienevorschriften keinen negativen Einfluss auf das Infektionsgeschehen hat. Gleiches gilt für Indoor-Einrichtungen, die moderne Lüftungsanlagen betreiben und strikte Abstandsregeln oder Kapazitätsbeschränkungen umsetzen. Alle im VDFU organisierten Einrichtungen habe hohe Investitionen für Maßnahmen in den Investitionsschutz getätigt. Aufgrund der Heterogenität von Freizeiteinrichtungen sind pauschale Betriebsverbote zumeist sachunbegründet. Aufgrund der geringen Anzahl von entsprechenden Freizeiteinrichtungen in Deutschland sind individuelle Bewertungen durch die lokalen Gesundheitsbehörden zumutbar und spiegeln die tatsächlichen Infektionsrisiken der einzelnen Einrichtungen wider.
2. Angebote für Geimpfte u. Genesene sind notwendige Rückgabe zustehender Freiheiten
Die Verlangsamung der Impfkampagne von Bund und Ländern darf nicht zu Lasten von geimpften und genesenen Personen gehen. Diesen Personengruppen der Zugang zu Einrichtungen des öffentlichen Lebens zu verwehren ist nicht nur juristisch fraglich, sondern wäre auch das falsche Signal gegenüber den Personen, die ein Impfangebot bewusst ablehnen. Insbesondere Kinder oder Menschen, die etwa aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, dürfen im Rahmen der Inklusion keine diesbezüglichen Nachteile erfahren.
3. Inzidenzwerte als exklusives Bemessungsmerkmal sind abzulösen
Die Abkehr von der Inzidenz als alleinige Entscheidungsgrundlage über geltende Maßnahmen entspricht nicht länger dem tatsächlichen Pandemiegeschehen. Weitere Kennzahlen wie die Impfquote oder die Zahl schwerer Krankheitsverläufe müssen in die Bewertungen mit einbezogen werden. Nur so wird die Dynamik des Geschehens erfasst und die Akzeptanz der Maßnahmen durch die Betroffenen aufrechterhalten.
4. Sachunbegründete Ungleichbehandlungen sind aufzulösen
Alle Branchenzweige, die für die Freizeitgestaltung relevant sind, sind gleich zu behandeln. Bundesweit wurden Einrichtungen wie Theater oder Kinos trotz nachweislich höheren Infektionsrisikos nicht so schnell geschlossen. Alle Einrichtungen sind im Hinblick auf das Infektionsrisiko ihrer Besucher zu bewerten. Eine starre Kategorisierung nach Kultureinrichtung, zoologischer Einrichtung oder Freizeiteinrichtung entstammt einer bürokratischen Betrachtungsweise, und darf kein Kriterium für eine Betriebsschließung sein. Das Coronavirus unterscheidet nicht nach Einrichtungstyp.
5. Freizeiteinrichtungen müssen als Ventil für soziale Spannung verfügbar bleiben
Immer mehr Studien belegen die hohen psychischen Belastungen, die die Einschränkungen der Corona-Pandemie für Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche bedeuten. Nach monatelanger Einschränkung war die schrittweise Rückkehr zur Normalität und die Bereitstellung von Freizeitangeboten dringend benötigtes Ventil zur Auflösung sozialer Spannungen. Dieses Ventil darf nicht geschlossen werden.
Die Freizeitwirtschaft fordert keine Sonderbehandlung. Sie fordert die Anerkennung ihrer Bedeutung für das Sozialgefüge und die Gleichbehandlung mit vergleichbaren Angeboten. Lösungen in dieser herausfordernden Zeit möchten wir gemeinsam mit der Politik erarbeiten. Die Wahrnehmung und Anerkennung durch die Politik ist dafür Grundvoraussetzung.